Dominika Szyszko
Wir können nicht beschreiben, „wie“ Deutsche sind

Als ich in Berlin war, schien es mir, dass Deutsche sehr fortschrittlich und extravagant sind. In Ankum finde ich sie an Traditionen gebunden und sehr ruhig. Am Lager in Grömitz waren sie kreativ, energisch und liebten es Spaß zu haben. Mir war wirr im Kopf, aber ich wusste eins: Sie sind sehr vielfältig. Verschiedene Dialekte, verschiedene Sitten, verschiedene Weltanschauungen – verschiedene Deutsche. Ich wollte wissen, ob ich Recht habe, ob es ein Vor- oder Nachteil für Deutsche ist, ob sie stolz darauf sind oder mehr Probleme als Nutzen daraus haben. Ich meinte, dass wenn ich mehr über dieses Thema wissen möchte, ich mich selbst mit Deutschen unterhalten müsste. Es interessierte mich nicht, wie dieses Problem aus der Sicht der Wissenschaftler aussieht, sondern was es für durchschnittliche Deutsche bedeutet. Deshalb bat ich meine Bekannte Anke Jörger um ein Interwiev, die in Offenburg in Baden-Württemberg wohnt, drei Kinder hat und Psychologin von Beruf ist. Sie bot mir auch an, dass sie einige meiner Fragen Ihrem Mann übermitteln könnte, der Techniklehrer ist. Das, was ich Dank ihnen von Deutschland und seinen Bürgern erfahren konnte, ist für mich sehr überraschend und ungewöhnlich interessant. Trotzdem ist mir immer wirrer im Kopf, überzeugen Sie sich bitte selbst, warum…

Ein ganz bekanntes Sprichwort sagt: „Jedes Land hat seine Sitten“. Kann man auch sagen, dass jedes Bundesland seine Sitten hat?

Anke Jörger: Nein, das kann man so nicht sagen. Es gibt verschiedene Regionen, die unterschiedliche Sitten haben. Die Grenzen dieser Regionen decken sich aber meistens nicht mit den Grenzen der Bundesländer. So ist das Bundesland „Baden-Württemberg“ zum Beispiel eine Verwaltungseinheit, die aus ursprünglich zwei Bundesländern, nämlich Baden und Württemberg zusammengefügt wurde. Die Sitten in beiden Teilen unterscheiden sich in sehr vielen Dingen. Es gibt mehr Ähnlichkeit in den Sitten zwischen Baden und der Pfalz (aus dem Bundesland „Rheinland-Pfalz“) als zwischen Baden und Württemberg. Noch größer ist die Übereinstimmung zwischen bestimmten Bräuchen in Baden und im französischen Elsass! Sogar der Dialekt ist über die Staatsgrenze hinweg fast identisch.

Man kann also sagen: Jede Region hat ihre Sitten, nicht aber jedes Bundesland.

Martin Jörger: Jedes Land hat seine Sitten. Dies ist richtig. Deutschlands Sitten und Gebräuche resultieren aus den Eigenheiten, Gebräuchen der einzelnen Bundesländer. Um einige Beispiele zu nennen: Baden-Württemberg lebt wie auch Bayern oder Sachsen in den ländlichen Gebieten und Tälern noch sehr nach den alten Traditionen und Gebräuchen. Hier im Raum Offenburg gibt es z.B. Vereine bzw. Gruppen die in der Zeit der Fastnacht die „Dämonen“ des Winters vertreiben. Jede Gruppe hat eine eigene Maske, die sowohl wunderschön bis fürchterlich schaurig aussieht. Diese Tradition ist sehr tief in der Bevölkerung verwurzelt. Diesen Brauch gibt es nur in Baden-Württemberg, Teilen Bayerns und in der deutschsprachigen Nordschweiz. Hamburg wiederum liegt als größter deutscher Seehafen ganz im Zeichen der alten Hanse. Die Stadt hat trotz aller Moderne seine altertümlichen Gebiete erhalten können z.B. die „Speicherstadt“, wo früher die gesamten deutschen Kaffeeimporte angelandet wurden. Hamburg zeigt immer noch die alten Traditionen der Seefahrer. Oder Nordrhein-Westfalen als bevölkerungsreichstes Bundesland ist das Land der Bergmänner und Flözer. Auch wenn die Zeit des Bergbaus aufgrund der immer billigeren Importkohle aus Ausstralien in Deutschland vorbei scheint gibt es dort noch immer eine starke alte Tradtion der einzelnen Bergbaustädten mit unterschiedlichen Vereine und vielen unterschiedlichen Kostümen…

Wie finden andere Deutsche die Einwohner von Baden-Württemberg? Werdet Ihr stereotyp wahrgenommen?

AJ: Ja, wir werden stereotyp wahrgenommen. In der Regel nennen uns Leute aus anderen Bundesländern „Schwaben“. Die Schwaben sind jedoch in Württemberg zuhause, und die Badener mögen gar nicht so genannt werden! Man schreibt uns allen den Leitspruch der Schwaben zu, der im schwäbischen Dialekt lautet: „Schaffe, schaffe, Häusle baue!“, also auf Hochdeutsch: „Arbeiten, arbeiten, Haus bauen.“ In Baden mögen wir das Leben aber lieber gemütlich, anstatt zu arbeiten, liegen wir im Sommer auch gerne am See oder trinken einen Cappucino im Café. Das tun die Schwaben seltener, auch wenn die Unterschiede in der jungen Generation immer mehr verschwinden.

MJ: Baden-Württemberg wird durchaus in Deutschland anders wahrgenommen. Viele sehen in Baden-Württemberg das technologische Zentrum Deutschlands wo innovative & hochtechnologische Produkte wie z.B.: Daimler Benz, Porsche & Bosch als Beispiele hergestellt werden. Das soll nicht heißen, dass in Hamburg oder in Berlin weniger gute Arbeit getan wird sondern nur die Dichte dieser Unternehmen ist in Baden-Württemberg sehr hoch.

Also kann man sagen, dass die Deutsche einander nicht so gut kennen? Warum?

AJ: Ja, viele Deutsche wissen wenig über Deutschland. Sie wissen mehr über Mallorca, wo sie ihren Urlaub verbringen. Das ist schade, aber leider Realität. Man könnte sagen, es gibt in Sachen Bildung in Deutschland ein immer größer werdendes Gefälle. Ein Teil der Bevölkerung hat eine sehr gute Bildung, ein etwas größerer Teil immer weniger. Hier kommt die Bildung aus dem Fernsehen oder der Bildzeitung. Es ist ja leider ein weltweites Phänomen: Je weniger Menschen wissen, umso mehr greifen sie auf Stereotypen oder Vorurteile zurück.

Hast Du auch Vorurteile gegen Einwohner von einiger deutscher Region?

AJ: Auch wenn es mir peinlich ist, das zuzugeben, so habe ich doch ein paar Vorurteile gegen die Schwaben. Viele (besonders ältere Leute) sind ziemlich eingeengt, sie halten Ordnung und Sauberkeit über alles und vergessen dabei, das Leben zu genießen. Samstags polieren sie ihren Mercedes Benz und machen am Sonntag eine Spazierfahrt mit der Familie. Natürlich stimmt das nicht für alle, und gerade die jungen Deutschen sind sich viel ähnlicher, außerdem sind viele Schwaben in unserem Alter schon aus beruflichen Gründen international unterwegs und sehr weltoffen. Also betrifft das Vorurteil nur einen Teil der Bevölkerung, teils zu Recht und teilweise auch nicht.

Kann man sich von Stereotyp befreien?

AJ: Natürlich kann man sich von Vorurteilen befreien, indem man selbst in die entsprechende Region fährt und sich dort umschaut und mit den Leuten redet.

Was bedeuten die Unterschiede zwischen den Deutschen aus der Sicht einer Psychologin?

AJ: Schwierige Frage! Die großen Unterschiede zwischen den Regionen, was die Bräuche angeht, aber auch die Sprache, führen dazu, dass die meisten Deutschen ihre Identität nicht so sehr mit ihrer Nation, sondern mehr mit ihrer Region verbinden. Wir können nicht beschreiben, „wie“ Deutsche sind, aber sehr gut, wie die Leute aus unserer Region sind. Das führt einerseits dazu, dass die meisten Deutschen ihre Region sehr lieben und sie pflegen und sich auch gerne dort engagieren. Gleichzeitig führt es zu einige Problemen, vor allem, wenn jemand aus der eigenen Region wegziehen muss. Wenn er in eine andere Region kommt, fühlt er sich leicht entwurzelt.

Möchtest Du, dass deine Kinder mehr Badener oder mehr Deutsche werden?

AJ: Ich bin sicher, unsere Kinder werden Vieles. Sie werden Badener, weil sie mit den badischen Traditionen aufwachsen. Sie werden Deutsche, weil sie Hochdeutsch sprechen, in die deutsche Kultur hineinwachsen, eine gute Bildung bekommen und traditionell deutsche Werte lernen, wie zum Beispiel den Wert von Kultur, Fleiß und Ehrgeiz. Sie werden Europäer, weil wir viele Kontakte in andere Länder haben und viele Freunde, die im Ausland leben. Außerdem werden wir unsere Kinder darin unterstützen, andere Sprachen zu lernen und schon früh Erfahrungen im Ausland zu sammeln. Wir lehren sie auch Interesse an anderen Kulturen, so dass ich denke, sie werden so etwas wie Europäer mit badisch-deutschen Wurzeln.

Welche Probleme verursacht die Tatsache, dass Deutschland so vielfältig ist? Nimmt es Einfluss auf die Gesellschaft wie auch auf jeden einzelnen Menschen?

AJ: Das größte objektive Problem besteht wohl in der Vielseitigkeit der Sprache. Jede Region hat einen eigenen Dialekt, und dieser unterscheidet sich sogar von Dort zu Dorf! Bei uns kann man am Dialekt eines Menschen sagen, aus welchem Dorf er kommt. Gerade für ältere Menschen, die nur ihren Dialekt sprechen, kann es daher schwierig sein, sich in einer anderen Region verständlich zu machen! Nur in Region um Hannover wird von allen Leuten mehr oder weniger Schriftsprache gesprochen. In den jüngeren Generationen wird weniger Dialekt gesprochen – trotzdem haben die meisten Leute noch einen regionalen Akzent, an dem man hört, woher jemand kommt. Da manche Gegenden bestimmte Akzente charmant, andere unangenehm finden, hat es zum Beispiel jemand aus Schwaben schwer, in Norddeutschland anerkannt zu werden, bei uns wird der Dialekt aus Sachsen als unschön empfunden. Außerdem haben immer wieder Kinder aus Familien, in denen Dialekt gesprochen wird, Schwierigkeiten in der Schule, wenn sie so schreiben, wie sie sprechen. Kinder, die in ihrer Familie Hochdeutsch lernen, haben es in der Schule leichter. In früheren Zeiten gab es unter den Regionen viele Vorurteile. Da wäre es fast unvorstellbar gewesen, dass eine Frau aus Baden einen schwäbischen Mann heiratet! Inzwischen hat sich das zum Glück geändert, man heiratet über die regionalen Grenzen hinweg und Leute aus anderen Regionen werden leichter integriert als früher. Ansonsten macht die Vielfalt das Land eher interessant, jede Gegend hat ihre Eigenart und ihren Charme, ihre eigene Küche, ihre eigenen Fest, und es wird einem nie langweilig!

MJ: Ich glaube nicht dass es Deutschland Probleme macht kulturell so verschieden zu sein. Der Krieg führte dazu, dass die deutschen Volksstämme aus den Gebieten Polens & Tschechiens sich innerhalb des restlichen Deutschlands integrieren mussten. Die Traditionen & Stärken wurden so ebenfalls mit eingebracht. Ich denke, dass Deutschland unter anderem deshalb so erfolgreich sein kann, weil es innerhalb des Landes diese vielen unterschiedlichen Volksgruppen/Stämme mit deren Eigenheiten und Traditionen gibt, die neben den Unternehmen von Weltformat auch unzählige kleine Unternehmen hervorgebracht haben. Dass es innerhalb Deutschlands trotz alledem genug Spannungen gibt ist kein Geheimnis, jedoch gibt es keiner realen Abneigungen zwischen den einzelnen Bundesländern.

Wie ist die Eigenart von Deiner Gegend? Welche Küche, Festen, Dialekt usw. habt Ihr?

AJ: Oh, da gibt es eine ganze Menge! Wir sind sehr stolz auf unsere Küche und überzeugt, dass sie die beste Küche Deutschlands ist. Ich glaube, das stimmt auch, weil sie sehr stark von Frankreich beeinflusst ist, außerdem bietet die Region unglaublich viele leckere und frische Zutaten, die es so nirgends in Deutschland gibt: Es gibt viele Wildspezialitäten, Fischgerichte, viele Gerichte, die mit Wein zubereitet werden, aber auch Spargelspezialitäten (der Spargel hat gerade wieder Saison und wird an allen Ecken in der Stadt von den Bauern verkauft), und wegen des milden Klimas haben wir Erdbeeren, Himbeeren, Trauben, Feigen, Birnen, viele frische Kräuter und noch viel mehr. Die meisten Sternerestaurants in Deutschland befinden sich in Baden, und auch viele der besten Weine der Landes kommen von hier. Wir Badener halten uns für Genießer. Wir sind gesellig und feiern gerne und viel. Unser Dialekt ist allemannisch und wird in Baden sowie dem französischen Elsass in vielen Varianten gesprochen. Früher war das eine richtige Sprache, die nicht einmal ich verstanden hätte. Inzwischen hat sich der Dialekt schon mehr dem Hochdeutschen angeglichen, viele typische Wörter sterben aus. Trotzdem ist es noch recht typisch.

Pflegt Deine Familie Bräuche und Sitten von Deiner Region?

AJ: Ja! Wir haben herrliche regionale Bräuche an „Fasent“ (das hiesige Wort für Karneval). Während mindestens 2 Wochen wird gefeiert, die Kinder verkleiden sich und erbetteln Süßigkeiten in den Geschäften, am Fasent-Donnerstag stehen die Leute schon um 4 Uhr morgens auf, laufen im Nachthemd und mit der Schlafmütze in die Stadt, wo wir zusammen Bohnensuppe essen, an den Wochenenden gibt es Umzüge von Leuten in traditionellen Kostümen (Hexen, Wölfe und so weiter), nachts wird in Kellern und Kneipen getanzt, geschnurrt und gefeiert. Viele Leute sind in Vereinen, die die Fasent schon ab November vorbereiten. Es gibt traditionelle Gerichte, die man nur an Fasent isst und die Schulen schließen eine Woche. Da kann man gar nicht anders als mitfeiern! Wir nennen diese Zeit die 5. Jahreszeit. Im Herbst gibt es überall Weinfeste, weil die Region voller Weinberge und guter Weine ist, es gibt viele traditionelle Märkte, zum Beispiel an Martini im November, die wir gerne besuchen. Es gibt auch einige kirchliche Feste, die typisch für einzelne Orte sind, die wir aber weniger besuchen. Die sind eher für ältere Leute und Touristen. Auch die Art, wie wir Ostern feiern, mit der ganzen Familie und riesigen Körben voller Süßigkeiten, ist typisch für die Region. An Drei König gehen verkleidete Kinder von Haus zu Haus und geben den Häusern den Segen.

Ist es wichtig auch für die junge Generation?

AJ: Die Jungen wachsen in die Traditionen hinein, und ich denke, viel davon werden sie weiter führen. Es ist zum Beispiel so, dass viele Leute, die aus der Gegend weggezogen sind, zur Fasent wieder hierherkommen. Ganze ehemalige Schulklassen treffen sich da wieder! Ein anderes Fest, wo sich alle jungen Leute wieder treffen, auch die Weggezogenen, ist das große Weinfest in Offenburg, das immer Anfang Oktober stattfindet.

Wenn Du könntest, welche Unterschiede würdest Du abschaffen?

AJ: Ein sehr großes Problem sehe ich in der großen politischen Eigenständigkeit der einzelnen Länder. So ist sowohl Schulbindung, wie auch die Verwaltung der Polizei Ländersache. Das führt dazu, dass die Schulbildung in jedem Bundesland anders aussieht, sogar das Niveau für das Abitur variiert von Land zu Land. Im Norden ist das Abitur generell einfacher als im Süden, in Bayern ist es am schwierigsten. Lehrer, die in einem Bundesland ihre Ausbildung gemacht haben, können nicht in einem anderen Bundesland arbeitet. Jedes Land muss die Ausbildung der Lehrer, aber auch der Polizei, selbst organisieren. Das führt zu sehr wenig Flexibilität, sehr viel Verwaltung und sehr hohen Kosten. Das würde ich ändern und diese Verwaltungsaufgaben zentral gestalten: Gleiche Schulbildung bundesweit, gleiche Ausbildung und Ausstattung der Polizei bundesweit. Das würde viele Dinge effektiver machen und vor allem auch die Kosten für Verwaltung und politische Gremien sehr stark reduzieren. Da jedoch viele Beamte gerade davon leben, steht nicht zu erwarten, dass sie das verändern!

MJ: Ich persönlich finde die Unterschiede durchaus in Ordnung. Obwohl im Bereich des Schulwesen eine deutschlandweite Vereinheitlichung durchaus seinen Sinn hätte!!!!

Existiert die Berliner Mauer immer noch im Bewusstsein der Deutschen?

AJ: Nein, die Mauer ist aus den Köpfen. Zum Glück, Wir hatten sie viel zu lange! Ich denke, inzwischen gibt es kaum mehr jemanden, der sich die Mauer zurückwünschen würde. Die Wirtschaft hat die Mauer wohl zuerst überwunden, alle deutschen Firmen agieren inzwischen in allen Bundesländern ohne Unterschied. Man spricht zwar manchmal noch von den „alten“ und den „neuen“ Bundesländern, die Bezeichnungen „Westdeutschland“ und „Ostdeutschland“, die nach Öffnung der Mauer vorgeherrscht haben, sind aber schon fast komplett verschwunden. Stattdessen wird die Herkunft der Leute nun an das Bundesland gebunden: Jemand kommt aus Sachsen-Anhalt oder Nordrhein-Westphalen... Für die jungen Leute, die nach Fall der Mauer in Deutschland aufgewachsen sind, ist die Mauer schon heute gar kein Thema mehr – eher eine Episode aus der Vergangenheit, die mit ihrem Leben nichts zu tun hat.

MJ: Die Berliner Mauer existiert durchaus noch im Bewusstsein vieler Deutscher. Dies wird auch noch seine Zeit dauern, bis der Riss, den die Mauer in den Herzen der Menschen hinterlassen hat wieder verheilt ist. Die Mauer ist bei vielen Bürgern speziell der ostdeutschen Ländern noch ein Synonym für Bespitzelung, der Unfreiheit, der Gewalt und der Ausbeutung von Mensch, Land und Kultur. Doch haben sich meiner Meinung nach die wirtschaftlichen Unterschiede, die nach dem Mauerfall bestanden haben, durchaus in den meisten Punkten dem Bundesdurchschnitt angeglichen.

Die Epoche, in der es eine Mesalliance war, wenn eine Frau aus Baden einen schwäbischen Mann heiraten wollte, ist vergangen. Die Berliner Mauer wurde zerstört. Immer weniger Deutsche sprechen Dialekt. Trotzdem existieren die Unterschiede in diesem Land immer noch. Ich habe niemals vermutet, dass ein Volk von Goethe SO vielfältig ist. Der beste Beweis dafür sind diese Antworten vom Ehepaar, die sich so unterscheiden. Diese Tatsache lehrte mich, dass verschiedene Weltanschauungen und Ansichten nicht nur trennen, sondern auch vereinigen können und dass diese Unterschiede nicht nur zwischen Badenern und Schwaben, Einwohnern von Westdeutschland und Ostdeutschland, aber auch einfach zwischen Menschen existieren. Deshalb kann man keine Antworte auf die Frage: „Wie sind Deutsche?“ finden. Aber man kann sich erkundigen, viele Fragen stellen, sich mit anderen unterhalten und zu verstehen versuchen. Habe ich mich von meinem Stereotyp über Deutsche befreit? Ich hoffe das.