Dr. jur. Dieter Ehrhardt

Liebe Schüler und Schülerinnen des Deutschkurses 204 des Lyzeums II,


Pan Andrzej hat mir von Eurem großen Projekt der Herstellung einer Zeitschrift berichtet und mir die bisherigen Ergebnisse Eurer Arbeit zugeschickt.

Ich bin so fasziniert davon, dass ich nicht anders kann, als Euch zu schreiben. Nehmt meinen Text bitte als Stimme "von außen", als Stimme aus der Mitte von Deutschland, mit dem Ihr Euch für dieses Projekt so sorgfältig beschäftigt habt.

Ich fange damit an, dass ich Euch zu Eurer Arbeit gratuliere. Aber nicht einfach gratuliere, sondern Euch mitteile, dass ich sprachlos hier sitze, Eure Arbeit sehr bewundere und in dieser Geistesverfassung Euch gratuliere.

Es gibt mehrere Gründe für diese "Große Gratulation".

Wenn man ein Land verstehen will, gibt es natürlich viele Wege, die man dazu gehen kann. Ich weiß nicht, wer auf die Idee gekommen ist, dass Ihr erst mit einem Deutschen oder einer Deutschen kommuniziert und dann das Ergebnis aufschreibt. Diese Idee ist jedenfalls die beste, die auch mir einfällt, um das Ziel des Verstehens der Bewohner eines bestimmten Landes zu erreichen.

Dass Ihr Deutschland dazu in seine "Länder" (einige der 16 "Staaten im (Bundes-)Staat" sozusagen) aufgeteilt habt, war der nächste "Geniestreich". Die Vielfalt und die Unterschiede in Deutschland habt Ihr bestens herausgearbeitet. Herzlichsten Glückwunsch auch dazu.

Denn, zum Beispiel, "Bayern", kann man sagen, hat mit Norditalien mentalitätsmäßig mehr gemeinsam als mit den Berlinern . . . Soll heißen, wenn man das Puzzle Deutschland aus seinen Ländern zusammensetzt, erhält man das beste Bild.

Aber auch mit dieser Verallgemeinerung muss man vorsichtig sein: in diesem Beispiel mit Norditalien ist Oberbayern gemeint, also das Gebiet etwa von München nach Süden bis zur österreichischen Grenze mitten in den Alpen. Aber der nördliche Teil von Bayern ist ja "Franken", und die Franken sind vielleicht den Berlinern eher geistesverwandt als den Oberbayern . . .

Der nächste Grund für die Gratulation ist, dass Eure Texte eine Tiefe haben, die ganz wunderbar ist und mit der Ihr wohl an der Spitze steht von allen Gymnasien weltweit, die in ihrem Sprachunterricht ähnliche Projekte machen - obwohl ich mir überhaupt nicht vorstellen kann, dass Eure große Leistung irgendwo auf der Welt kopiert wird.

Es ist überraschend, wunderbar und höchst lobenswert, dass polnische Jugendliche über ihren Deutschunterricht soviel Engagement in die deutsch-polnischen Beziehungen gesteckt haben. Natürlich werden nicht Millionen von Deutschen von Eurem Projekt erfahren. Aber jeder Einzelne von Euch wird sich oft im Leben, sehr oft im Leben, daran erinnern, dass Ihr mit diesem Projekt zusammen und gemeinsam etwas Großes geschaffen habt. Und dabei gelernt habt, wie man einer Sache sinnvoll und sorgfältig auf den Grund gehen kann. Ich bin davon total überzeugt.

Ganz zum Schluss noch etwas sehr Wichtiges - ich muss noch einmal Pan Andrzej Janczewski erwähnen. Ihr habt großes Glück gehabt, dass Ihr ein solches "Mammutprojekt" mit ihm und unter seiner Leitung unternehmen konntet. Denn für mich ist er der kompetenteste, engagierteste, sorgfältigste und wünschenswerteste Deutschlehrer, den ich je irgendwo in der großen weiten Welt (nicht nur in Polen!!) kennen gelernt habe. Auch hier ist wohl seine größte Leistung, dass er in der Lage war, Euch so stark für dieses Projekt zu begeistern, dass Ihr es zu einem so großen Erfolg geführt habt.

Bitte bewahrt Euch Eure Begeisterung im Allgemeinen für möglichst viele Dinge auf dieser Welt und in diesem Leben. Das ist das Schönste, das ich Euch wünschen kann.

Ich danke Euch für diese große, unvergängliche Leistung.

Euer Dieter Ehrhardt